Beim Glemseck 101 trafen sich Motorradfans aus ganz Europa und den USA. Das Highlight in diesem Jahr: auf das Notwendigste reduzierte Bikes, die legendären Café Racer.

Böblingen - Zum Frühstück gab’s Käffchen und Knattern: Als Björn Schmitz sich in aller Herrgottsfrühe den Schlaf aus den Augen rieb, an die Uhrzeit kann er sich gar nicht mehr erinnern, da kreisten dröhnende Zweiräder um sein Campingzelt. Wer aber denkt, er sei wutentbrannt nach draußen gerannt und habe den Störenfrieden die Meinung gegeigt, der irrt. „Es gibt doch nichts Schöneres am frühen Morgen“, befindet der Mann mit einem Grinsen, meint es aber todernst.

 

Am Glemseck (Kreis Böblingen) beim Motorradspektakel 101 ticken die Uhren anders. Es ist eine Welt für sich, wenn bis zu 40 000 Fans bei einer der größten marken- und typübergreifenden Motorradveranstaltungen in Europa zusammenkommen. Alle namhaften Hersteller und Tuning-Spezialisten geben sich ein Stelldichein, die Easy Riders und Rockabillys pilgern aus Italien, Frankreich, Schweden und den USA herbei. Oder aus dem Sauerland, wie Björn Schmitz, der sein Zelt schon am Freitag auf der Campingwiese aufgeschlagen hat. Rund 400 Kilometer habe er auf seiner Yamaha SR 500 zurückgelegt. „Bei der langen Anreise bleibe ich auch drei Tage“, sagt der 28-jährige Mendener, der zum fünften Mal hier ist.

Die „Café Racer“ stehen im Mittelpunkt

Derweil füllt sich das Areal mit Menschen, und das, obwohl dunkle Wolken aufziehen. Auf das Notwendigste reduzierte Bikes, die sogenannten Café Racer, die teilweise mehr kosten als ein Luxusschlitten, stehen in Reih und Glied. Deswegen ist Schmitz hier. „Diese Dinger sieht man doch sonst nur in Zeitschriften“, sagt er.

Er kennt die ganze Geschichte – das Ace Café, der legendäre Treffpunkt der Motorradszene bei London, wo der Begriff „Café Racer“ geprägt wurde. In den Sechzigern machten die Rocker von dort aus auf ihren tief geduckten Maschinen mit Stummellenkern die Straßen unsicher und rebellierten so gegen gesellschaftliche Normen. Aber so schick die Concept-Bikes und veredelten Umbauten im Bobber- und Tracker Style auch daherkommen – seine Yamaha würde er nicht eintauschen. „Die behalte ich, bis ich in der Holzkiste liege!”, sagt Schmitz. Mit einem „Jetzt aber genug Benzin geredet!“ macht er sich dann auf den Weg in Richtung Zuschauertribüne, um einen guten Blick auf die Sprintwettbewerbe über eine Achtelmeile zu erhaschen – für viele der Höhepunkt des Motorradspektakels an der alten Solitude-Rennstrecke. Die amerikanischen Motorradweltmeister Freddie Spencer und Kevin Schwantz, aber auch die TV-Moderatorin Lina van de Mars brettern mit ordentlich Karacho über den Asphalt. Selbst zwei Motorradpolizisten hat der Initiator Jörg Litzenburger für die zwölfte 101-Auflage aufgetrieben.

Der Landrat siegt

Beim Eröffnungssprint lässt aber die Politprominenz die Reifen quietschen: Der Landrat Roland Bernhard nimmt es mit dem Ministerialdirektor im Landessozialministerium, Wolf-Dietrich Hammann, auf, und Oberbürgermeister Bernhard Schuler schwenkt die Flagge. Beim Aufwärmsprint hat noch Hammann die Nase vorn, beim Hauptlauf macht dann der Landrat kurzen Prozess. „Ich habe einen super Start hingelegt, da ging die Maschine vorne sogar leicht nach oben“, sagt er. Trotz seines dritten Sieges in Serie stehe über allem der Spaß. „Die Biker kommen aus aller Herren Länder und feiern friedlich miteinander“, lobt der Landrat. Genau diese Offenheit macht auch für Björn Schmitz den Reiz der Motorradveranstaltung aus. Und so stellt sich nicht die Frage, wann er wieder hier aufschlägt. „Klar doch, 2018 bin ich dabei“, sagt er – mit Zelt und Käffchen zum morgendlichen Motorenknattern.