Eine suchtkranke Frau hat etliche Geschäfte betrogen. Der Schaden beträgt mehr als 15 000 Euro. Sie muss dennoch nicht ins Gefängnis.

Strohgäu/Ludwigsburg - Ein Gesamtschaden von mehr als 15 000 Euro, 31 Anklagepunkte und mehrere Vorstrafen – was da am Mittwoch einer 47 Jahre alten Frau vor dem Ludwigsburger Amtsgericht vorgeworfen wurde, war ein gewaltiges Sündenregister. Die Angeklagte gab alles zu – und sie muss nicht ins Gefängnis. Zwei Jahre Freiheitsstrafe auf Bewährung lautete das Urteil des Schöffengerichts. Der Angeklagten kamen Diagnosen von Ärzten zugute: Die attestierten der Frau aus einer Strohgäukommune eine Medikamenten- und Kaufsucht. Diese muss die Angeklagte weiter therapieren lassen. Die Staatsanwältin hatte 30 Monate Gefängnis gefordert, vor allem wegen einschlägiger Vorstrafen.

 

Schaden häufig vierstellig

Eine Taxifahrt von einer Klinik in Stuttgart nach Winnenden (Rems-Murr-Kreis) war noch ein Delikt mit dem geringsten Schaden. Auf 113 Euro hatte die Rechnung des Taxifahrers gelautet, die mittlerweile bezahlt wurde. Und auch sonst bemüht sich die Angeklagte sehr, die häufig vierstelligen Beträge, die sie verschiedenen Geschäften bei ihren Einkäufen schuldig geblieben war, zurückzuerstatten, wurde während der Verhandlung deutlich. Die Masche der Angeklagten war zwischen Sommer 2016 und Januar 2017 stets dieselbe: Entweder sie bestellte im Internet – zum Teil unter falschem Namen – oder sie erweckte in Läden den Eindruck einer seriösen Kundin. Sie nahm mit, was ging: Kleider, Schuhe, Büroartikel, Drucker, EDV-Zubehör, einmal zwei Schachteln Zigaretten. Stets habe sie „mit vorgefasster Absicht“ gehandelt, so die Staatsanwältin, zur Ansicht oder Anprobe zuhause mitgenommene Dinge weder zurückzugeben noch zu bezahlen. Die Modehäuser waren über die Region Stuttgart verstreut: in Winnenden, in Vaihingen an der Enz, in Kornwestheim, in Korntal-Münchingen, in Stuttgart-Bad Cannstatt, in Hemmingen.

Zuhause bestellte sie bei verschiedensten Internet-Versandhäusern Waren, die ihr prompt geliefert wurden. Bei Banken versuchte sie, Überweisungen von Konten ihr bekannter Menschen zu veranlassen, und fälschte dafür Unterschriften. Das gelang zum Beispiel vom Konto ihres Exmannes. „Mit den Kindern ging er in den Urlaub, ich wollte auch ein Stück haben.“

Alle Vorwürfe eingeräumt

Die Frage nach dem Warum stand während der Verhandlung im Mittelpunkt – nachdem die Angeklagte zu Beginn alle Vorwürfe eingeräumt hatte. „Es ging nicht darum, dass ich die Sachen brauchte oder weiterverkaufen wollte“, sagte sie der Richterin, „ich war vernebelt.“ Und sie sprach vom „nicht richtig ticken“. Gleichwohl hat sie einmal mit unrechtmäßig erworbenem Geld alte Schulden bezahlt, „und den Rest innerhalb von zwei Stunden auf der Königstraße ausgegeben“.

Das Gericht hielt der 47-Jährigen zugute, dass sie seit Monaten versucht, ihre Krankheiten in den Griff zu bekommen. Sie war mehrmals in Fachkliniken und möchte nun in ambulante Therapie beginnen. Tabletten spielten für sie keine Rolle mehr, versicherte die Angeklagte: „Ich überlege mir bei Kopfschmerzen lange, ob ich eine Aspirin nehmen soll.“

Wegen der Medikamentensucht wurde der Frau von der Richterin Andrea Henrich und den beiden Schöffen eine „eingeschränkte Schuldfähigkeit“ zugebilligt. Trotz einschlägiger Vorstrafen sprach das Gericht der Angeklagten nochmals eine Bewährung zu – erkannte aber dennoch auf die Maximalstrafe von zwei Jahren, bis zu der Bewährung gewährt werden kann. „Es hat sich eine ganze Menge verändert bei Ihnen“, so Henrich, „Sie gehen die Dinge an.“

Nun soll die Suchttherapie und eine Schuldenregulierung wieder Ordnung in das Leben der Angeklagten bringen.