Ein Renninger wird wegen des Besitzes von 23 Gramm Kokain verurteilt und muss ins Gefängnis.

Renningen - In der Schule kam er zum ersten Mal mit Drogen in Berührung, seitdem konsumierte er sie regelmäßig, am Ende sogar bis zu 25 Gramm Kokain im Monat: Der Angeklagte vor dem Amtsgericht Leonberg nimmt kein Blatt vor den Mund und spricht ganz offen über sein Leben und seine Sucht und lässt dabei auch private und intime Details nicht aus. Mit Drogen gehandelt – und darauf lautet die Anklage – habe er allerdings nie, betont der Mann. Das sieht auch das Gericht nicht als erwiesen an. Wegen des Besitzes von 23 Gramm Kokain wird er dennoch verurteilt – zu einem Jahr und zehn Monaten Haft ohne Bewährung. Gegen dieses Urteil kann der Angeklagte noch Rechtsmittel einlegen.

 

Bereits bei der Befragung zu seiner persönlichen Situation kommt der 36-jährige Renninger immer wieder auf die Drogen zu sprechen. Fast nebenbei, als etwas fast schon Alltägliches. „Sie haben also Drogenprobleme?“, will die Amtsrichterin Sandra De Falco wissen. „Ich habe schon in der Hauptschule damit angefangen“, erzählt der Angeklagte. Erst war es nur Cannabis, „mit 17 habe ich das erste Mal Kokain genommen“.

Handel mit Listenhunden

Einen schweren Einschnitt habe seine Familie im Jahr 2014 durch einen schlimmen Brand in der eigenen Wohnung erlebt. Die Tochter wollte daraufhin nicht mehr dorthin zurück, berichtet der Beklagte. Aus Italien – von dort stammt die Familie des gebürtigen Böblingers – habe er ihr deshalb einen Hund besorgt. Eine Staffordshire-Hündin. „Einen Kampfhund?“, fragt die Richterin. „Es gibt keine Kampfhunde, der Mensch macht Kampfhunde“, betont der Angeklagte.

Gleichwohl habe es sich um einen sogenannten Listenhund gehandelt. Die Haltung bestimmter Hunderassen unterliegt in Deutschland strengen Richtlinien, die Einfuhr ist verboten. Trotzdem begann der Beklagte in der Folge, weitere Listenhunde, die er aus Italien mitbrachte, in Deutschland illegal zu verkaufen.

Allein damit verdiente er zum Teil mehrere Tausend Euro im Monat, schätzt er. Mit dem vielen Geld sei dann auch der Drogenkonsum gestiegen. „Am Tag habe ich auch mal ein bis zwei Gramm Kokain genommen“, erzählt der Renninger. Und abends Haschisch, „um besser schlafen zu können“. Heraus kam das aber erst, als wegen des Verdachts auf die Einfuhr von Listenhunden im Juni 2016 die Polizei seine Wohnung durchsuchte. Dabei stießen die Beamten unter anderem auf die 23 Gramm Kokain und 17 Gramm Marihuana.

Nun gilt bei Kokain schon eine Menge von fünf Gramm aufwärts vor dem Gesetz als „nicht geringe Menge“. Damit bestand auch der Verdacht auf einen Handel mit der Droge. Doch der Angeklagte beteuerte, dass er sich schlicht immer eine Monatsration auf einmal in Hamburg besorgt habe – dort sei es günstiger, und die Qualität sei besser. Auch wenn diese Erklärung der Richterin „etwas schwammig“ erschien, konnten selbst die Polizisten im Zeugenstand den Verdacht auf Handel nicht erhärten. Weder leere Tütchen noch Kundenlisten oder eine Waage, klare Anhaltspunkte für Drogenhandel, fanden sich bei der Wohnungsdurchsuchung. Was ihn jedoch erschreckt habe, erinnert sich einer der aussagenden Polizisten, sei die Lagerung der Drogen in Schubladen und über dem Kühlschrank, „alles frei zugänglich für Kinder“. Sogar ein Elektroschocker habe offen in der Wohnung herumgelegen.

Richterin: Kein Grund für Bewährung

„Ich habe meine Lektion gelernt“, sagt der Beklagte mehrfach. Zum ersten Mal saß er wegen seiner Vergehen tatsächlich hinter Gittern, die üblen Erfahrungen im Gefängnis bis zur Verhandlung hätten ihre Wirkung nicht verfehlt. Auch eine Therapie wolle er machen. Der Staatsanwalt und der Verteidiger Bernd Kiefer plädieren beide für eine Bewährungsstrafe.

Für eine Bewährung aber brauche es besondere Gründe, erklärt die Amtsrichterin. Die sahen sie und die Schöffen nicht gegeben. Die lange Liste wenn auch kleinerer Vergehen spreche nicht für den Beklagten. Dieser habe angeführt, dass seine Familie ihm Halt gebe und er einen Job in Aussicht habe. Die Situation sei damit aber exakt die gleiche wie zum Zeitpunkt der Inhaftierung. „Auch da hatte er seine Familie, auch da stand er in Lohn und Brot“, so Richterin De Falco. „Wir sehen keinen Grund, warum diese Situation ihn jetzt davon abhalten sollte, wieder straffällig zu werden.“