Der Obst- und Gartenbauverein Heimerdingen legt mit Flüchtlingen bei deren neuem Haus am Iptinger Weg einen Gemüsegarten an. Auch der Asylkreis Heimerdingen, viele andere Bürger und die Stadtverwaltung beteiligen sich.

Ditzingen - Die Tomaten sind gut einen halben Meter hoch, die Paprikapflanzen stehen stramm im Topf, die Petersilie hat schon ausgetrieben: Gute Voraussetzungen für einen Gemüsegarten. Rund 100 Quadratmeter ist er groß, der Boden geharkt und gejätet, mit Platten sind Pflanzfelder gebildet. Menschen kommen mit Spaten und Schaufeln, andere haben weitere Pflanzen in Tüten dabei. Nur ein paar Schritte von der neuen Flüchtlingsunterkunft in Heimerdingen entfernt haben Freiwillige am Samstag ein großes Gemüsebeet angelegt. Wolfgang Gommel, Vorsitzender des Obst- und Gartenbauvereins: „Wir möchten, dass die Pflanzen anwachsen und dass auch Sie, liebe Neubürger, hier Wurzeln schlagen.“ In dem Haus wohnen 40 Menschen aus Eritrea, Syrien und dem Irak – darunter 16 Kinder. Auch sie helfen beim Pflanzen mit.

 

„Wir teilen, was wir übrig haben“

Die Idee ist entstanden, als die Unterkunft auf dem Gelände der katholischen Kirche noch gar nicht gebaut war. Der Asylkreis AK Heimerdingen habe sich im vorigen Jahr gegründet, erzählt Ingrid Häußler, mit vier Bereichen: Für Sprachförderung, für Transport und Technik, für Öffentlichkeitsarbeit und für das Gartenprojekt. Für Letzteres fand man rasch Unterstützung beim Obst- und Gartenbauverein, dessen Mitgliedern und dem Vorsitzenden Wolfgang Gommel. Die AK-Leute wollten die Umgebung des Hauses nutzen, Gommel sah in dem Gartenprojekt mehrere Ansatzpunkte zur Integration der Neubürger. Alle diejenigen, die Gemüse- und andere Pflanzen gebracht hätten, seien nicht mit Almosen gekommen, erklärte er den Hausbewohnern. „Wir machen hier, was wir unter Nachbarn schon immer machen: Wir teilen, was wir übrig haben.“ Ein entsprechender Aufruf des Vereins hatte sich im Ort rasch herumgesprochen.

Durch die Mithilfe bei diesem Projekt vermittle der Asylkreis nicht nur die deutsche Sprache, helfe bei Behördengängen oder zeige den neuen Bürgern den Weg in die Vereine. Zur Integration müsse man Hilfe zur Selbsthilfe bieten – denn nach dem Anpflanzen müssten sich die Hausbewohner selbst um die Pflanzen kümmern, sie wässern, Unkraut jäten und die Ernte gerecht untereinander aufteilen. Gommel ist sich sicher, dass dies klappt. Denn zuvor wurden alle Hausbewohner gefragt, ob sie den Garten wollen. Und Gartenfreunde gab es schon bisher: Auf der anderen Seite des Hauses hat eine Frau ein kleines Beet von etwa einem Meter Durchmesser angelegt, mit Steinen eingefasst und Zwiebeln darin gesteckt. Diese strecken schon ihr Frühlingsgrün aus dem Boden.

„Alle leben friedlich miteinander“

Die betreuende Sozialarbeiterin Emel Kazanc berichtet, wie gut die Menschen in den vier Wohnungen der Unterkunft miteinander auskommen. Und das, obwohl sie aus sehr unterschiedlichen Ländern stammen und verschiedenen Religionen angehören. „Alle leben friedlich miteinander“, sagt Martin Prinz vom städtischen Sozialamt, „auch die schlimm Verfolgten, auch Sunniten und Christen.“

Dann geht es ans Pflanzen. Wolfgang Gommel macht mit einem Jungen aus dem Haus den ersten Spatenstich – und plötzlich stehen alle am Beet. Die neunjährige Daka hat mit ihrer Mutter schon die Petersilie aus Samen vorgezogen. Andreas Schwarz vom Verein gräbt entschlossen und sachkundig Löcher. Kein Wunder, er ist Gärtner. Und weil das Angießen mit zwei Gießkannen ein wenig mühselig wäre, springt ein Nachbar ein – und legt einen langen Schlauch. Es helfen alle zusammen. Mal sehen, wann die Tomaten groß und rot sind und wer alles zur Ernte kommt.