Beatrice Störzinger, die Physiotherapeutin der SKV Rutesheim, setzt sich in diesem Jahr auf dem Platz ungewöhnlich ein. Mit weiteren Helfern belebt sie Münchingens Fabio Ancona wieder. Für SKV-Trainer wird die Erste-Hilfe-Fortbildung Pflicht.

Leonberg/Rutesheim - Eine Lebensretter-Geschichte über sich? Nein, die will Beatrice Störzinger weder lesen noch hören. Die Physiotherapeutin der Rutesheimer Fußballer denkt dabei an die vielen ehrenamtlichen oder hauptberuflichen Helfer, die unter Umständen tagtäglich für Mensch und Leben im Einsatz sind, ohne dass sie dafür in irgendeiner Form ausdrücklich erwähnt werden. „Das hätte jeder andere in dieser Situation – und erst recht, wenn er in einem medizinischen Beruf arbeitet – auch getan“, sagt Beatrice Störzinger.

 

Und auch wenn die 28-Jährige den Ball möglichst flach halten will, muss sie zugeben, dass die Geschehnisse vom 26. September die für sie prägendsten und aufregendsten des Jahres gewesen sind. Kein Wunder. Schließlich war sie an diesem Freitagabend maßgeblich daran beteiligt, einem jungen Sportler das Leben zu retten. Im Fußball-Landesligaspiel zwischen der SKV Rutesheim und dem TSV Münchingen waren rund 80 Minuten gespielt, als Beatrice Störzinger auf der Bank damit beschäftigt war, einen eigenen Spieler („Ich kann noch nicht einmal genau sagen, wer es war. Ich glaube, Maik Bauer“) nach dessen Auswechslung an der Wade zu behandeln. Plötzlich rief SKV-Trainer Rolf Kramer mehrfach ihren Namen.

Spieler bricht auf dem Platz zusammen

Der Münchinger Fabio Ancona war ohne Fremdweinwirkung auf dem Platz zusammengebrochen. Dass es um Leben und Tod ging, war Beatrice Störzinger zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar. „Ich weiß gar nicht, was ich da gedacht habe. Ich habe nur gesehen, dass es niemand von uns war und gehofft, dass es nicht so schlimm ist“ (Störzinger).

Es war jedoch sehr schnell klar, dass es richtig schlimm ist. Zumal auch noch die Information zu ihr drang, dass der Münchinger etwas am Herzen habe. Als Birgit Störzinger, Mutter der Leonbergerin und Chefin einer Physiotherapie-Praxis, der Münchinger Spieler und Kollege Michael Koch sowie die ausgebildete Krankenschwester Silke Stapf, die bei einem Leonberger Kardiologen in der Praxis arbeitet, schnell am Ort des Geschehens waren, lief dann alles fast automatisch ab.

Weil Fabio Ancona in der Vergangenheit bereits wegen Herzrhythmusstörungen behandelt worden war – die Ärzte gaben ihm für den Fußball grünes Licht –, haben die Münchinger immer einen Defibrillator dabei. Und der kam diesmal tatsächlich zum Einsatz. Beatrice Störzinger ist vertraut mit solch einem Gerät. Alle zwei Jahre frischt sie in der Praxis ihre Erste-Hilfe-Kenntnisse auf.

Kurzes Zögern vor dem Einsatz des Defibrillators

Der Schockgeber wurde bei Fabio Ancona angelegt, Beatrice Störzinger war mit den akustischen Anweisungen des Gerätes einigermaßen vertraut. Nur einmal geriet sie ins Zögern. Erst als sie von ihrer Mutter hörte: „Drücke den Knopf!“, setzte sie die Prozedur in Gang. Nach mehrmaligem Einsatz des Defibrillators öffnete Fabio Ancona schließlich wieder die Augen. Störzinger: „Da war mir klar, jetzt ist er wieder da.“ Die Mission der Ersthelfer war beendet, als Sanitäter und Krankenwagen eintrafen. „Da ist dann alles von mir abgefallen, und ich war richtig fertig“, beschreibt die 28-Jährige ihren Gemütszustand. Lange wurde an diesem Abend noch auf dem Platz, in der Kabine und im Hause Störzinger über den Vorfall diskutiert. Der jungen Physiotherapeutin hat das geholfen, die Geschehnisse zu verarbeiten. Ihr bleibt eine wichtige Erkenntnis: „Mein Körper hat in der Situation so funktioniert, wie ich das gelernt habe. Das ist ein gutes Gefühl.“

Fabio Ancona war schnell wieder auf den Beinen. Nach einer Nacht zur Beobachtung im Krankenhaus wurde er bereits entlassen. Fußball in Münchingen spielt er nicht mehr. Trainer Dietmar Seethaler: „Das Risiko ist mir einfach zu groß. Ich möchte nicht irgendwann einmal dastehen und mir Vorwürfe machen müssen.“

SKV-Fußballer schulen Trainer und Betreuer

In Rutesheim ist man nach diesem Vorfall mit glücklichem Ende nicht einfach zur Tagesordnung übergegangen. Unter anderem auf Anregung von Trainer Rolf Kramer werden die SKV-Übungsleiter (Jugend und Aktive) und auch die Mannschaftsbetreuer von nun an ihre Erste-Hilfe-Kenntnisse in regelmäßigen Schulungen auffrischen. Die Kosten hierfür übernimmt die Stadt. „Ich bin überzeugt davon, dass es bei uns so gut ablief, weil wir alle zwei Jahre diese Fortbildung machen“, sagt Beatrice Störzinger, die im Übrigen auch das Schulungsangebot der Stadt zusammen mit den Fußballern in Anspruch nehmen will.

Der Gemeinderat stimmte dem Kauf zweier zusätzlicher Defibrillatoren (Kosten von rund 5000 Euro) zu. Einer hängt bereits in der Sporthalle Bühl, der zweite ist für die Außensportanlagen und kommt voraussichtlich ins Sportheim. Derzeit sind Defibrillatoren in Rutesheim unter anderem anderem in der Theodor-Heuss-Halle/Schwimmhalle, im Rathaus, in der Festhalle, in der Kreissparkasse Rutesheim und in der Volksbank Perouse zu finden.

Was sich Beatrice Störzinger in diesem Zusammenhang für das neue Jahr wünscht? Möglichst nicht noch einmal eines dieser lebensrettenden Geräte bedienen zu müssen – und das schon gar nicht auf dem Fußballplatz.