Am Wochenende ist großes Fasnachtstreiben in der Stadt. Der Frohe Faschingsclub richtet das Landesnarrentreffen aus, zum 40. Umzug werden am Sonntag mehr als 5000 Teilnehmer aus Nah und Fern erwartet. Im Interview erklärt der Ausrichter, wo die Grenzen für das tolle Treiben liegen.

Gerlingen - E ine solche Veranstaltung über zwei Tage macht dem Frohen Faschingsclub zwar eine Menge Arbeit, bringt aber viel Remmidemmi in die Stadt. Der FFC-Präsident Siegfried Mayer erklärt, warum es im Gerlinger Verein Elemente des Karnevals und der schwäbisch-alemannischen Fasnet gibt. Und er macht deutlich, dass der Umzug für alle ein Spaß sein soll – und die Übergriffe auf junge Frauen, die früher gang und gäbe waren, verboten sind.

 
Herr Mayer, macht sich der Frohe Faschingsclub mit dem Riesenevent Landesnarrentreffen ein Geschenk, oder handelt er sich damit nur unendlich viel Arbeit ein?
Dieser Umzug ist eher zufällig unser Vierzigster, unser 44-jähriges Bestehen ist zwei Jahre her. Wir haben uns für das Landesnarrentreffen wieder einmal beworben und den Zuschlag erhalten, auch von der Stadt. Der Aufwand ist bei 97 teilnehmenden Gruppen und 5000 Aktiven natürlich riesengroß. Sie müssen nach allem gucken.
Beim Umzug wie im FFC sind Elemente der schwäbisch-alemannischen Fasnacht und des rheinischen Karnevals vertreten. Wo ist denn der rote Faden?
Es gibt Vereine, die nur die schwäbisch-alemannische Fasnet pflegen; die haben Hästräger und einen Zunftmeister. Dann gibt es die Vereine, die sich am rheinischen Karneval orientieren mit Tanzmariechen, Garden, Elferrat. Und es gibt Vereine, die im Landesverband der Württembergischen Karnevalsvereine zusammengeschlossen sind. In ihnen sind beide Elemente vertreten, Masken, Hästräger, Elferrat, Garden – wie bei uns. Diese Mischung finde ich gut. Die ist auch für die Zuschauer gut.
Wozu braucht es überhaupt Karneval in Gerlingen? Stand der Schabernack bei der Vereinsgründung im Vordergrund?
Schwer zu beurteilen, warum unser Verein 1971 entstanden ist; ich bin durch meine Frau, eine Gerlingerin, erst 1988 dazu gekommen. Gerlingen ist keine Faschingshochburg. Purer Schabernack ist es mit Sicherheit nicht, sondern eine Anlehnung an Weil der Stadt, wo die alemannische Fasnacht vorherrscht. Der FFC ist aus einer Stammtischclique entstanden.
Im rheinischen Karneval gibt es bei Umzügen Motivwagen, dort wird kritisiert und gefrotzelt. Was könnte man denn in Gerlingen aufspießen?
Das gibt’s bei uns nicht. Politische Motivwagen kenne ich so gut wie keine in unserem Verband. Ich weiß keinen Verein, der mit einem Wagen irgendjemanden angreift. Wir im Verband Württembergischer Karnevalsvereine orientieren uns mehr an den Maskengruppe.
Warum bewirbt sich der FFC für das Landesnarrentreffen und einen Umzug? Eine Sitzung ist doch sicher viel einfacher.
Gerlingen liegt zentral im Land. Der ganze Rummel spielt sich rund um den Rathausplatz ab. Das ist optimal für einen Umzug, das findet man sonst so gut wie nirgends. Das ist gut für den Verband; zudem steht die Stadt hinter uns, sie zieht das mit uns durch. Landesnarrentreffen heißt: wir wollen an diesem Wochenende das Brauchtum und die Fasnacht zusammenführen. Es gibt zwei, drei interne Veranstaltungen, die zur Gemeinschaft im Verband beitragen sollen. Zum Umzug sind alle herzlich eingeladen.
Mit wie vielen Zuschauern rechnen Sie denn?
Mit 10 000 bis 15 000.
Haben Sie Rekordteilnahme beim Umzug?
Wir hatten 2005 genau 110 Gruppen, 2010 waren es 90, jetzt sind es 97. Das kommt ganz auf die 170 Mitglieder des Verbandes an; dieser ist der Veranstalter, wir sind nur die Ausrichter.
Was raten Sie den Zuschauern, außer als Kostenbeteiligung eine Plakette zu kaufen?
Mitmachen, den Vereinen Beifall spenden, zur Guggenmusik schunkeln und am Straßenrand mittanzen, bei einem kleinen Schabernack dabeisein.
Apropos Schabernack. Wie weit dürfen denn die Hexen, andere Maskierte und Umzugsteilnehmer gehen?
Es sind alle angewiesen, sich zurückzuhalten und nichts Böses zu tun. Dann gibt es einen schönen Umzug.
Früher ging es nicht ohne Übergriffe ab, vor allem auf Frauen. Wo ist die rote Linie?
Füße zusammenbinden oder wegtragen geht gar nicht. Den Frauen und Mädchen über die Haare streichen oder sie in Arm nehmen – das ist cool.
Ist das Haare-Verwuscheln tatsächlich noch in Ordnung? Nach den Kölner Silvester-Übergriffen auf junge Frauen ist man in dem Bereich ja noch sensibler geworden.
Das gehört dazu, sonst brauche ich keinen Fasching zu machen. Aber dann hört’s auf. An die Verhaltensregeln haben sich alle zu Umzugsteilnehmer zu halten. Da ist auch der Verband relativ streng.
Warum gibt’s keinen Rathaussturm?
Den gibt’s nie, wenn Landesnarrentreffen ist, dafür einen riesigen Umzug.

Das Landesnarrentreffen und der Präsident

Programm
An diesem Samstag, 21. Januar, wird als Auftakt des Landesnarrentreffens um 15.01 Uhr auf dem Rathausplatz der Narrenbaum aufgestellt. Um 19.01 Uhr beginnt in der Stadthalle der ebenfalls öffentliche „Närrische Abend zwischen Brauchtum und Karneval“. Zahlreiche Gruppen treten dabei auf, der Diskjockey DJ Ramazotti sorgt für die Unterhaltung.

Umzug
Der Umzug startet am Sonntag um 13.01 Uhr in der Urbanstraße. Die Strecke führt durch die Hauptstraße und die Schulstraße zur Schillerstraße. Weiter geht es durch die Christophstraße zur Weilimdorfer Straße und von dort durch die Kirchstraße zur letzten Station Rathausplatz.

Der Verein
Der Frohe Faschingsclub wurde 1971 gegründet, er hat 200 Mitglieder. Der Verein hat heute neben dem Elferrat vier Garden mit Solisten und eine Maskengruppe unter anderem mit den Figuren Wölfe, Kropfschellen und Metermichel.

Präsident
Siegfried Mayer ist seit 2002 der Vereinschef. Die Töchter des 60-Jährigen tanzen in den Garden, seine Frau Bärbel ist Schriftführerin.