Von Weil der Stadt über Leonberg bis nach Schöckingen: Überall gibt es Fachwerkgeschichte und -geschichten.

Leonberg - Beim Blick in alte Fachwerkstädte wird Geschichte lebendig. Führungen durch historische Altstädte in ganz Deutschland sind beliebt. Die Sehnsucht nach den eigenen Wurzeln und nach Lokalkolorit ist ein Phänomen, gerade in Zeiten der Globalisierung und Digitalisierung.

 

Dabei muss man nicht in die Ferne schweifen. Auf Spurensuche in der Heimat wird man im Altkreis Leonberg mehrfach fündig. Zu entdecken gibt es alte Stadtmauern, Wehrtürme, Herren- und Bauernhäuser. Die Gebäude erzählen viel über das damalige Leben und sie geben die eine oder andere Geschichte preis. So stand das Gebäude des heutigen Gebersheimer Bauernhausmuseums ursprünglich in Leonberg. Es ist das 1616 erbaute Leonberger Pfarrhaus. Als es zu klein wurde, hat man es kurzerhand verkauft und an gleicher Stelle ein größeres Dekanat gebaut. Der damalige Schultheiß von Gebersheim, Jacob Friedrich Jüngling, kaufte die Bauteile des alten Pfarrhauses. 1784/85 wurde es durch neue Bauteile ergänzt in Gebersheim wieder zusammengesetzt.

Ein Fachwerkhaus umzusetzen war billiger, als neu zu bauen

Aus moderner Sicht in Zeiten digitaler Architektur kaum mehr verständlich, doch Eberhard Heckeler, ehemaliger Ortsvorsteher von Gebersheim und heutiger Vorsitzender des Museumsvereins weiß, warum es damals Sinn machte: „Das war einfach schwäbisch gedacht. Denn ein Fachwerkhaus umzusetzen war viel billiger, als ein Haus neu zu bauen. Für einen Zimmermann war es kein Problem, das Fachwerk auseinanderzunehmen und an anderer Stelle wieder zusammenzufügen.“ Möglich ist so etwas nur, weil bei einem Fachwerkhaus die Balken nur verzapft werden. Wie einen Bausatz legt der Zimmermann die Balken zunächst als Muster zusammen. Dann werden die Hölzer nummeriert und am endgültigen Bauplatz in Reihenfolge aufgerichtet. Daher auch der Name „Richtfest“. Anschließend werden die „Gefache“, die Zwischenräume der Hölzer, die dem Fachwerk ihren Namen geben, mit einem Astgeflecht versehen und mit Lehm ausgefüllt.

Selbst heute ist es noch möglich, ein Fachwerkhaus abzubauen und es an anderer Stelle wieder zusammenzusetzen. Bestes Beispiel ist das Freilichtmuseum in Beuren mit seinen zahlreichen hierher versetzten historischen Gebäuden. Eines der ältesten Fachwerkhäuser der Region steht in Leonberg in der Pfarrstraße 16, es stammt aus dem Jahr 1348. Das Besondere ist, dass die komplette Grundkonstruktion aus Eichenholz noch aus dieser Zeit stammt und nicht zwischendurch mit neueren Bauteilen saniert wurde. Das gibt es in Württemberg nur noch bei rund 30 Häusern.