Endlich: Nach jahrzehntelangen Diskussionen bauen die Stadtwerke direkt am Gleis 1 eine WC-Anlage für 129 000 Euro. Die Nutzung der Unisex-Toilette kostet 50 Cent, das Urinal ist frei. Die Inbetriebnahme ist im März vorgesehen.

Leonberg - Wer am Bahnhof einen menschlichen Druck verspürt, ist nicht gut dran. Obwohl Leonberg auf der Strecke zwischen Stuttgart und Weil der Stadt die am meisten frequentierte Station ist, gibt es keine öffentliche Toiletten.

 

Das ist schon seit 20 Jahren so. Notbehelfe wie Dixie-Klos und eine Benutzung des WCs in einer Bahnhofsgaststätte haben sich nicht wirklich bewährt. Und die Bahn sieht sich nicht in der Pflicht, auf ihrem Gelände ein stilles Örtchen anzubieten.

Direkt am Gleis 1

Doch das wird sich ändern. Direkt im Bahnhofsgebäude, unmittelbar am Gleis 1, wird eine Toilettenanlage gebaut. Vorgesehen ist ein Klosett für Frauen und Männer gleichermaßen und ein Urinal. Dazu wird es einen Wickeltisch geben. Die Gesamtanlage ist behindertengerecht geplant.

Sah es lange so aus, als wäre das Thema Bahnhofstoilette ein Dauerproblem, so kam mit dem Bau des neuen Parkhauses Bewegung in die Sache. Die Stadtwerke als Betreiber kündigten an, dass mit dem Parkhaus endlich auch ein Toilettenhäuschen am Bahnhofsvorplatz gebaut werde.

Bahnhof wird aufgewertet

Das neue Parkhaus ist mittlerweile seit fast anderthalb Jahren offen, doch eine Toilette gibt es immer noch nicht. Ein Grund für die Verzögerung ist eine insgesamt positive Entwicklung. Soll doch der gesamte Leonberger Bahnhofsbereich zu einem sogenannten regionalen Mobilitätspunkt aufgewertet werden, an dem sich der gesamte öffentliche Verkehr kreuzt: Züge, Busse und Fahrräder. Das Parkhaus ist darüber hinaus ein preisgünstiges wie modernes Angebot für Berufspendler und Kunden, die in der Stadt einkaufen.

Vorgesehen sind bessere Abstellmöglichkeiten für Fahrräder, auch überdachte, eine Auffrischung des Busbahnhofs und eben eine Toilettenanlage.

Diese soll aber nicht, wie ursprünglich geplant, als Solitär auf dem Vorplatz stehen, sondern ins Bahnhofsgebäude integriert werden. Ein Wunsch der Mobilitätskommission, ein Expertengremium, das sich mit dem heimischen Verkehr befasst.

Die Anlage kostet 129 000 Euro

Einen momentan ungenutzten Raum stellt die Bahn direkt am Gleis 1 zur Verfügung, ganz in der Nähe zur Unterführung zu den Gleisen 2 und 3. Die Kosten für den Umbau und die laufenden Betriebskosten müssen allerdings die Stadtwerke übernehmen. Der Bau ist mit fast 129 000 Euro veranschlagt. 50 000 Euro fließen aus einem Fördergrogramm des Regionalverbandes. Den Löwenanteil, knapp 80 000 Euro, müssen die Stadtwerke als Betreiber übernehmen.

Die Toilettenanlage soll täglich gereinigt und zweimal im Jahr gewartet werden. Die Kosten hierfür sind mit insgesamt 17 280 Euro berechnet.

„Der Klügere gibt nach“

„Ein stolze Summe für eine Leistung, die eigentlich Aufgabe der Bahn wäre“, kommentierte jetzt im städtischen Finanzausschuss Ottmar Pfitzenmaier die Kosten. „Aber der Klügere gibt nach“, meinte der SPD-Fraktionsvorsitzende mit Blick auf die jahrelangen Diskussionen mit der Bahn über den Toilettenbau.

Wenigstens ein Teil des Geldes soll durch eine Nutzungsgebühr wieder reingeholt werden: 50 Cent pro Besuch der Unisex-Toilette hält die Stadt für angemessen. Der Urinalbesuch soll kostenfrei sein.

Lieber in die Büsche?

Das hielt Georg Pfeiffer im Ausschuss für ungerecht. Der Freie Wähler beantragte, dass immer bezahlt werden müsse. Ulrich Vonderheid, der Erste Bürgermeister und Geschäftsführer der Stadtwerke, warnte davor: „Das führt nur dazu, dass sich die meisten Herren in die Büsche schlagen.“ Klaus Wankmüller (Grüne) meinte gar, dass das Urinal „mindestens kostenfrei“ sein müsse, was bei seinen Kollegen zu allgemeiner Heiterkeit führte. Am Ende stimmten die Ausschussmitglieder mit großer Mehrheit für die kostenpflichtige Klosettnutzung und Gratis-Urinal.

Die Arbeiten werden an eine Firma vergeben, die permanent für die Bahn arbeitet. Befürchtungen der CDU-Fraktionschefin Elke Staubach, dass dadurch die Kosten steigen, zerstreute Stadtwerke-Chef Vonderheid: „Die Preise sind marktgerecht.“ Im März soll das stille Örtchen fertig sein.