Elisabeth Kabatek und Susanne Schempp servieren in der Christian-Wagner-Bücherei eine ausgelassene Weihnachtsshow mit Überraschungen.

Rutesheim - Der Schnee rieselt leise, und das großzügige Panoramafenster im Bürgersaal der Christian-Wagner-Bücherei bietet am Freitagabend mit dem Blick auf den weihnachtlich illuminierten Marktplatz die perfekte Kulisse für die Konzertlesung mit Elisabeth Kabatek: „Weihnachten ist wunderbar!“

 

Susanne Schempp, Jazz- und Gospelsängerin aus Stuttgart mit drei eigenen Chören, war einst die Gesangslehrerin der Bestseller-Autorin, deren schwäbischer Roman „Laugenweckle zum Frühstück“ eingeschlagen hat wie ein Kehrwochenverbot in Stuttgart. Jetzt packt sie ihre Gitarre aus, und gemeinsam schmettern sie: „Weihnachten ist wunderbar“ – und das Publikum darf mitsingen (Texthilfe wird auf Pappschild mitgeliefert!).

Kabatek inszeniert ihre Geschichten mit Witz und Situationskomik

Elisabeth Kabatek findet Weihnachten in Deutschland allzu schwermütig: „Wir sind Weltmeister. Wir bauen die besten Autos, die besten Bahnhöfe – aber an Weihnachten sind wir oft so melancholisch.“ In Spanien, weiß die Autorin, werde Weihnachten viel fröhlicher gefeiert. Und so machen sich beide daran, mehr Fröhlichkeit unter die Leute zu bringen.

Dazu liest die Schriftstellerin mit dem frechen blonden Pixie-Haarschnitt aus einigen ihrer Kurzgeschichten, plaudert aus dem Nähkästchen, erzählt von einer Einladung zum Adventskaffee, wo es doch tatsächlich „Buddha-Ausstecherle“ gab, weil die Bekannten „Buddhischda“ geworden sind – was die biedere Ich-Erzählerin, obwohl „religiös multitolerant“, irritiert fragen lässt: „Wie isch an des bassiert?“

Das überwiegend weibliche Publikum im voll besetzten Bürgersaal schätzt an Elisabeth Kabatek sowohl das schwäbische Lokalkolorit, wenn der miesepetrige Kommissar Schwabacher über den Stuttgarter Weihnachtsmarkt stapft, wie die treffsichere Genauigkeit der Beobachtung, wenn in ihrer Kurzgeschichte „Sieglinde schlonzt“ zwei Familiensippen an Weihnachten aufeinandertreffen, die sich sonst tunlichst aus dem Weg gehen. Schon die regional unterschiedliche Zubereitung von Kartoffelsalat („Sieglinde“) kann dann zum Problem für den Weihnachtsfrieden werden mit dem Gefährdungspotenzial einer nordkoreanischen Atomrakete („Dörrfleisch im Kartoffelsalat?“).

Kabatek, die gerade an einem Theaterstück arbeitet („Allein unter Schwaben“), liest nicht einfach vor – sie inszeniert ihre Geschichten mit Witz und Situationskomik. Ihre süffisant-ironische Charakterdarstellung nimmt die Schrullen und Marotten ihrer schwäbischen und reig’schmeckten Mitmenschen augenzwinkernd und mit knitzem Humor aufs Korn und blickt auch entlarvend hinter die dünne Heile-Welt-Fassade.

Elf Weihnachtslieder in 40 Sekunden

Das Publikum wird immer wieder von dem Duo – übrigens beide bekennende Familien-Weihnachts-Anhängerinnen – zum Mitmachen animiert. Susanne Schempp singt den Klassiker „Little Drummer“ und ernennt das Publikum zur Trommelgruppe, die mit der Hand auf dem Knie möglichst im Takt („Triole!“) in piano und forte die Begleitung liefert. Und das Publikum übernimmt den Percussion-Part gern: Parambambambam!

In der Pause werden die Gäste mit delikaten Häppchen und Getränken verwöhnt, und Besucher erzählen, dass es tatsächlich Yoga-Ausstecherle gebe.

Eine Scharade zu bekannten Weihnachtsfilmen und ein rasantes Medley mit „elf Weihnachtsliedern in 40 Sekunden“ bieten dem Publikum Rätselnüsse zum Knacken. Zur Kurzgeschichte „Adventskalender im Affekt“ soll das Publikum einen Adventskalender „leervespern“, um so das nötige Requisit zu liefern. Denn Line futtert in einem Frust-Anfall den eigentlich mit Leon geteilten Kalender auf, bis alle Türchen offen sind und versteckt das corpus delicti im Backofen, in dem der nichts ahnende Partner seine Pizza „Vier Jahreszeiten“ aufwärmen will. Aber verschmortes Plastik überführt die Täterin: „Du bist der verfressenste Vielfraß, den ich kenne!“

Als Zugabe gibt es einen parodistischen Gag, der sehr zur Heiterkeit beiträgt. Das spanische Weihnachtslied „Feliz Navidad“ klingt jetzt so: „Feliz Navidad – I will koi Krawatt! I han des so satt!“

Das Publikum ist sich einig: Ein Weihnachtsschmankerl der feinen Art, köstlich wie selbst gebackene Gutsle.