Wer versucht, den Heimsheimer Tim Grabowski telefonisch zu erreichen, trifft ihn in den Sommermonaten nicht selten in einem Fluggebiet an. Dann ist der 28-Jährige bei der Arbeit. „Eine schöne Arbeit“, sagt er. Der passionierte Drachenflieger und gelernte Holzbaumechaniker hat vor einigen Jahren sein Hobby zum Beruf gemacht, arbeitet bei einem der weltweit führenden Hersteller von Starrflügeldrachen und ist mit dieser Firma im Jahr 2011 nach Füssen umgezogen. So ganz nebenbei ist Tim Grabowski der weltbeste Drachenflieger.

Heimsheim - Wer versucht, den Heimsheimer Tim Grabowski telefonisch zu erreichen, trifft ihn in den Sommermonaten nicht selten in einem Fluggebiet an. Dann ist der 28-Jährige bei der Arbeit. „Eine schöne Arbeit“, sagt er. Der passionierte Drachenflieger und gelernte Holzbaumechaniker hat vor einigen Jahren sein Hobby zum Beruf gemacht, arbeitet bei einem der weltweit führenden Hersteller von Starrflügeldrachen und ist mit dieser Firma im Jahr 2011 nach Füssen umgezogen. So ganz nebenbei ist Tim Grabowski der weltbeste Drachenflieger.

 

Im französischen Annecy holte er sich kürzlich bei den so genannten Starrflüglern als zweitjüngster Teilnehmer den Weltmeistertitel und die Silbermedaille mit der Mannschaft. Gold ging an die Österreicher. „Ich bin als Mitfavorit angereist und habe den Titel geholt“, freute sich Grabowski riesig. Bei der Generalprobe im vergangenen Jahr an gleicher Stelle hatte er bereits gewonnen – die Erwartungen und die Bürde, die er zu tragen hatte, waren daher hoch. „Damals waren allerdings nicht alle Top-Leute da, eine Prognose war daher schwer auszumachen.“ Zumal Weltmeisterschaften etwas ganz Besonderes seien. „Da darf man sich keinen Fehler erlauben“, weiß Grabowski, der seinen Erstwohnsitz noch immer in Heimsheim hat.

Er vergleicht einen Flugwettbewerb mit einem dreidimensionalen Radrennen. „Wir bilden Pulks und versuchen dann anzugreifen.“ Wer die Thermik am schnellsten erwischt, ist ganz vorne dabei. Die große Herausforderung: man sieht den Aufwind nicht. „Da gehört viel Erfahrung dazu, die Situation richtig zu bewerten und zu wissen, wo Thermik entstehen kann.“ Wie scheint die Sonne in den Berghang rein, ist der Untergrund hell oder dunkel. Auf Eis kann beispielsweise kein Aufwind entstehen. „Ein Kornfeld heizt hingegen schnell auf“, erklärt der Profi, der seit 14 Jahren Drachen fliegt. Manchmal haben die Piloten Glück und die majestätisch gleitenden Vögel weisen ihnen den Weg. Auch der Einfluss des Windes müsse in Betracht gezogen werden.

Bei den Weltmeisterschaften in Frankreich – im Fluggebiet am Lac de Annecy – waren insgesamt elf Wertungstage angesetzt. An sechs konnte wetterbedingt geflogen werden. Auf die Piloten warteten unterschiedliche Aufgaben. Die längste Strecke, die sie zurückzulegen hatten, betrug 204 Kilometer, die kürzeste 50. Zudem mussten die Teilnehmer vorher beim Briefing ausgemachte Punkte anfliegen. Berggipfel, Kirchen im Tal oder Schlösser. In früheren Jahren fotografierten die Piloten diese Punkte ab, was Tim Grabowski auf Grund seines Alters erspart bleibt. „Das war ziemlich umständlich“, weiß der Heimsheimer aus früheren Erzählungen. Heute zeichnen globale Navigationssatellitensysteme, besser bekannt unter GPS, die gesamte Flugstrecke automatisch auf und setzen alle paar Sekunden einen Punkt in der Karte. Diese wird am Ende des Tages ausgewertet. Nach sechs Flugtagen hatte Tim Grabowski die Aufgaben am besten gelöst.

Doch es gab nicht nur Grund zum Feiern. Bei einem schweren Unfall am letzten Flugtag hatte der japanische Pilot Masakazu Kobayashi beim Thermikkreisen die Felsen touchiert und stürzte ab. Den Unfall überlebte er nicht. Tim Grabowski: „Das war sehr traurig, zumal die Japanerin Yoko Isomoto in ihrer Klasse Weltmeisterin geworden ist, für sie war das sehr schwer.“ Der Kreis von Piloten sei klein, jeder kenne jeden, umso größer sei die Bestürzung gewesen. „Doch jeder weiß, dass etwas passieren kann. Fliegen ist nun mal gefährlich und birgt einige Risiken, doch mir kann auch etwas auf dem Motorrad oder beim Radfahren passieren“, sagt Grabowski.

Trotzdem. Der Heimsheimer, der auch amtierender deutscher Meister ist, kann sich keinen besseren Beruf vorstellen. Als Werkspilot testet er Geräte, fliegt neue ein, ist an der Entwicklung beteiligt oder nimmt auch Carbon-Reparaturen vor. Durchschnittlich macht er selbst 60 bis 70 Flüge im Jahr. „Das hängt natürlich immer vom Wetter ab“, sagt er. Zum Ausgleich betreibt er einen nicht minder abenteuerlichen Sport: Klettern. Oft ist er auch mit seinem Mountainbike unterwegs. „Fürs Fliegen braucht man eine gewisse Kondition, um im Kopf klar zu bleiben“, sagt Grabowski. Denn jeder Flug erfordere höchste Konzentration.

Nach seinem Titelgewinn genießt der Weltranglistenführende in der Klasse FAI 5 erst einmal den Erfolg. Nächstes großes Ziel ist in zwei Jahren die Europameisterschaft. „Darauf freue ich mich schon jetzt“, sagt er. Doch jetzt genießt er erst einmal seinen Urlaub auf Korsika.