Der Pianist Moritz Winkelmann begeistert das Publikum mit seinem Auftritt bei „Klassik im Klösterle“.

Weil der Stadt - Am liebsten, so scheint es, möchte das Publikum im Klösterle am Samstagabend den Pianisten Moritz Winkelmann gar nicht von der Bühne gehen lassen. Schon vor der Pause muss er mehrmals zurückkommen, um sich zu verbeugen. Und am Ende des Konzertes wollen Applaus und Bravo-Rufe gar nicht enden. Der designierte neue künstlerische Leiter der Reihe „Klassik im Klösterle“ kann sich wohl sicher sein, dass ihn die Weil der Städter, wenn er im kommenden Jahr diese Aufgabe übernehmen wird, mit offenen Armen empfangen werden.

 

Am Samstagabend geht es aber um Moritz Winkelmann, den Künstler. Und der begeistert die Menschen mit seinem kontrastreichen Programm, das er mit den schönsten pianistischen Klangfarben und differenziertesten Artikulations-Nuancen darbietet. Kontrastreich ist der erste Programmteil mit der Französischen Suite G-Dur (BWV 816) von Johann Sebastian Bach und Sergej Prokofjews Sonate Nr. 7 B-Dur (op. 83), die während des Zweiten Weltkrieges entstand. Winkelmann weiht dabei, ehe er sich an den Flügel setzt, sein Publikum hier in ein besonderes Detail ein. „Der Komponist hat seinerzeit für dieses Werk den Stalin-Preis bekommen“, sagt er. Offenbar hatte niemand wahrgenommen, dass Prokofjew eine Melodie des deutschen Komponisten Robert Schumann eingeflochten hatte – ein Vertreter jenes Landes also, mit dem Russland sich seinerzeit gerade erbitterte Schlachten lieferte.

Verzweiflung am Weltgeschehen

Die Musik beeindruckt aber auch ohne das Wissen um diesen Hintergrund. Nach dem sehr rhythmischen ersten Satz, in dem sich die Verzweiflung am zerstörerischen aktuellen Weltgeschehen niederschlägt, folgt der zweite, fast kontemplative, welcher einer großen Wehmut Raum gewährt. Atemlose Stille herrscht im Weiler Klösterle, ehe der dritte Satz losdonnert und man die Salven zu vernehmen meint, die beim Anrollen der Panzer nach allen Seiten wegstieben. Winkelmann intoniert all dies mit ungeheurer Wucht und Präzision und reißt sein Publikum dabei restlos mit.

Eine ganz andere musikalische Couleur hat er zuvor für den Beginn dieses Konzertabends gewählt. Behutsam, sensibel und sehr treffsicher modelliert er den Charakter des jeweiligen Tanzes: den der gemütvollen Allemande, der lebhaften Courante oder der sehr zurückgenommenen Sarabande. Anmutig und mit schönen Verzierungen erklingt die Gavotte, ehe der fröhliche Reigentanz Bourrée und die dialogisch angelegte Loure folgen. Den Abschluss macht eine temperamentvolle, mitreißende Gigue.

Leidenschaftliche Dramatik

Im zweiten Programmteil hat der Künstler dann die Gelegenheit, seine bereits vorgestellte, vielfältige Klangfarbenpalette in ihrem gesamten Umfang auszukosten: mit Robert Schumanns Fantasie C-Dur (op. 17). Dunkel brodeln da die Arpeggien im Untergrund, die sich auch von der leuchtend darüber schwebenden Melodie nicht wirklich besänftigen lassen wollen. Winkelmann beweist auf eindrucksvolle Weise, dass er weder Angst vor nahezu zeitloser Stille noch vor tosenden Klanggewittern hat. Unerschrocken lotet er die gesamte Fülle des Konzertflügels aus. Die zahlreichen Charakter- und Stimmungswechsel des romantischen Werkes bieten ihm dazu wunderbare Möglichkeiten, die er mit großer Sensibilität und stupender Virtuosität auszufüllen wusste.

Und so durchschreitet das Publikum im Klösterle mit dem Pianist die ganze Bandbreite menschlicher Empfindungen: von selbstvergessener Träumerei und reflektierendem Innehalten über munteres Erzählen und lebensbejahende Fröhlichkeit bis hin zu Trauer und erregter, leidenschaftlicher Dramatik. Als Zugabe spendiert Moritz Winkelmann seinem begeisterten Publikum dann noch einen entzückenden „Vogel als Prophet“ aus Schumanns Feder sowie „Von Fremden Ländern und Menschen“ aus seinen „Kinderszenen“.