Martin Wolf Wagner und Nikolaus Grünwald zeigen ihre Fotografien in der Galerie im Künstlerhaus.

Leonberg - Martin Wolf Wagner ist Fußballfan. Aber am liebsten schlägt er nach dem Schlusspfiff unter dem Flutlicht auf – mit seiner Fotokamera. Auf seinen Bildern, die er mit einer Großbildkamera und bis zu zwei Stunden währenden Belichtungszeiten einfängt, lässt er den Rasen im grellen Grün und den Himmel im tiefen Blau erstrahlen. Menschen findet man auf diesen Bildern nicht – und genau das macht für ihn auch den Reiz aus. „Das ist konträr zu dem, was dort stattfindet“, sagt der Grafenauer bei der Vernissage.

 

Der Fotograf, der 2007 von der Bildagentur Getty Images zu den weltweit besten Fotografen gekürt wurde und dessen Bilder auf vielen internationalen Ausstellungen zu sehen waren, treibt sich aber nicht nur auf leeren Fußballplätzen herum. Er legt sich auch auf Golfplätzen, Feldern und Industriebrachen auf die Lauer – oder auf dem Ihinger Hof in Renningen, wo eine Getreidezelle nach dem Klick auf den Auslöser wie ein Zugangstor zu einem Paralleluniversum daherkommt. Der Regionalbezug ist ihm wichtig, und gerne arbeitet er nachts. Das sei einerseits dem Umstand geschuldet, dass er im Ländlichen aufgewachsen sei. „Nachts habe ich aber auch einfach meine Ruhe“, sagt er grinsend.

Draußen, wenn es dunkel ist

Mit langen Belichtungszeiten in den Nachtstunden arbeitet auch Nikolaus Grünwald. Den gebürtigen Leonberger verschlägt es aber in entfernte Gefilde, wo er mit seiner Kamera vor allem Architektur einfängt. Seit seiner Reise nach Hong Kong 2009 ist er fasziniert von der Mischung brachialer Zweckbebauung aus den achtziger Jahren, kaltem Stahlbeton und Resten kolonialer Architektur aus dem frühen 19. Jahrhundert. In der Ausstellung im Künstlerhaus gibt es aber auch Auszüge aus seiner Serie über amerikanische Kleinstädte zu sehen. Die verwitterten Behausungen aus Holz auf den großformatigen Fotografien scheinen aus der Zeit gefallen zu sein. Es drängt sich gar der Gedanke von einer postapokalyptischen Szenerie auf, einzig das eine oder andere Möbelstück auf der Veranda oder der an der Straße geparkte Chrysler deutet auf Leben hin. „Architektur erzählt viel über die Menschen, die in den Gebäuden wohnen“, sagt der Gerlinger. „Man sieht die Häuser und kann sich sofort vorstellen, wie die Einwohner aussehen“, sagt der Fotograf und spricht von einem Kopfkino, das dann einsetzt. Wie auch Martin Wolf Wagner bearbeitet der 43-Jährige seine Bilder nicht nach.

Ganz ohne Risiko ist das Fotografieren spät nachts übrigens nicht, wie eine Anekdote von Nikolaus Grünwald erahnen lässt. 2012 fotografierte er in einer Kleinstadt im US-Bundesstaat Washington. „Irgendwann kam der Sheriff vorbei und fragte mich, was ich hier treibe“, erzählt der Fotograf, über den sich ein Anwohner beschwert hatte. Weil er Musik über Ohrstöpsel gehört habe, habe er die Zurufe des besorgten Mannes von Gegenüber nicht registriert. „Am Ende meinte der Sheriff, dass es nicht illegal ist, was ich mache. Aber er sagte, dass einige Tage zuvor genau in dieser Straße ein Mann ermordet wurde und machte mich auf die hohe Kriminalität aufmerksam.“