Gabriele Schinnerling bringt virtuos die 88 Tasten zum Glühen.

Leonberg - Dass Kompositionen bearbeitet und neu arrangiert werden, gehört zum musikalischen Handwerk. Von Johann Sebastian Bach ist bekannt, dass er seine Kompositionen mit geistlichen Texten auch weltlich interpretiert hat. Vor dem Siegeszug von CD und PC war es durchaus üblich, ganze Mozart-Opern auf dem Klavier nachzuspielen.

 

Umso neugieriger ist das Publikum deshalb am Samstagabend in die Aula des Schulzentrums Renningen gekommen, um zu erfahren, was es mit dem Titel „Alles nur geklaut?“ auf sich hat. Es geht dann aber schlicht um Transkriptionen verschiedener Kompositionen von Johann Sebastian Bach, Ludwig van Beethoven, Franz Liszt, Sergej Prokofjew und George Gershwin.

Von Arrangement bis Transkription

Musikschulleiter Christoph Rin Dolge freut sich, seinem Publikum in der gut gefüllten Aula ein Konzert „ohne surrende Lampen“ bieten zu können, da LED-Scheinwerfer eingebaut wurden.

Moderatorin Sibylle Berweck, die Lehrbeauftragte an der Stuttgarter Musikschule, führt charmant durch das hochkarätige Programm. „Stehlen“, also einfach einen anderen Namen unter eine Komposition setzen, sei bekanntlich illegal, wohl aber gebe es in der Musik Arrangement, Improvisation, Variation, Transkription für andere Instrumente und die Umarbeitung.

Beethovens „Eroica-Variationen“ spielt Gabriele Schinnerling, die Fachbereichsleiterin für Tasteninstrumente an der Musikschule Renningen, mit dem signifikanten Prometheus-Thema, die wie die Sinfonie von Dynamik, Gewalt und Rhythmik geprägt sind, mit Feuer und viel Bewegung: energisch und mit beethovenscher Wucht.

Von Liszt bis Jazz

Von Franz Liszt spielt die Pianistin nicht nur die 3. Ungarische Rhapsodie mit Pfeffer und ordentlich Paprika, sondern auch seine Konzertparaphrase der Oper „Rigoletto“ von Giuseppe Verdi. Im 19. Jahrhundert hatte die Klavierbautechnik, wie Sibylle Berweck erläutert, rasante Fortschritte gemacht – und so nutzt der Komponist „poetische Kraft und die neuen Ausdrucksmöglichkeiten“ des Pianoforte.

Zum Schluss gibt’s noch jazzige Klavier-Variationen zu „I Got Rhythm“ von George Gershwin. Als Zugabe wird dem Publikum noch ein musikalischer wie literarischer Leckerbissen serviert: Sibylle Berweck trägt eine Eloge auf das Pianoforte vor, das mit siebeneinhalb Oktaven eine Art „Leitz-Ordner der Musik“ darstelle und überdies sogar eine „sportliche Herausforderung“ für Kraft und Energie des Interpreten.

Der russische Komponist Michail I. Glinka sagte einmal: „Es ist das Volk, das die Musik schafft, wir Musiker arrangieren sie nur.“ Insofern ist ja irgendwie „alles nur geklaut“, oder?