Die Artifex ist eröffnet. Damit haben lokale Künstler wieder ein Forum – und die Zuschauer viel zu sehen.

Weissach - Die „Jeux d’ Eau“ von Maurice Ravel perlen, sprudeln und spritzen durchs Foyer der Strudelbachhalle am oktobergoldenen Samstagvormittag bei der Vernissage zur Ausstellung Artifex. Und Maurice Ravel passt sehr gut dazu, denn Impressionen gibt es für die Besucher in überreicher Fülle.

 

Der Kunstverein Artifex will aber nicht nur Künstlern in der Region und weit darüber hinaus ein Podium zur Präsentation ihrer Werke bieten, er übernimmt auch ganz bewusst eine soziale Aufgabe, wie Edda Praefcke in ihrer Einführung hervorhebt: von Kunst-Workshops bis zu Projekten mit Kindern und Senioren. „Vielfalt des Schaffens, gegenseitige Wertschätzung und das soziale Engagement sind das Credo unseres Kunstvereins“, erläutert Praefcke.

Videoschau über das Schulprojekt

Im Foyer kann der Besucher Bilder von Bewohnern des Otto-Mörike-Stifts und Arbeiten von Schülern der Grundschule Münklingen bewundern, dazu gibt’s eine Videoschau über das Schulprojekt.

Edda Praefcke erzählt von einem Bewohner, ein früherer Bauer, der bisher noch nie gemalt hatte – und der unter ihrer Anleitung ein Rapsfeld, eine Blumenwiese und dahinter einen Wald gemalt habe. Auf ihre Frage: „Ist das auf Ihrem Bild der Wald, den Sie kennen“, antwortete er: „Ja, schon, man muss sich halt was dabei denken.“

Bei den Schülerarbeiten gibt es knallbunte Leporellos, Köpfe mit Metall- und Vogelfedern und sogar eine Verschönerung des „Abfallhäuschens“. Und so beginnt der Besucher mit der Promenade in der Halle. Gleich zu Beginn eine Farb-Explosion in Azurblau und Wiesengrün – strahlend leuchtende Naturfotografien auf Acrylglas von Hermann Hald: „Tau-Diamanten“ – ein einfaches Naturschauspiel, aber grandios in seiner Ästhetik für den, der sehen kann und nicht bloß gucken.

Auch mit der Natur, aber ganz anders, beschäftigt sich der Jäger Ingemar Lah. Auf seinem Hochsitz begegnet er Eule, Uhu und Waldkauz manchmal Aug in Aug. Jetzt, auf seinen Werken, folgen die Augen der Vögel den Besuchern wie die von Mona Lisa.

Materielles und Immaterielles

Daneben Holzskulpturen von Alfons Wiest, der Materielles und Immaterielles, Geist und Materie in seinen transparenten Köpfen verbinden will. Solveig Schwarz hingegen präsentiert in „Digitalpainting“ Stadtansichten, kunstvoll komponiert, oder Ampelanlagen. Sigrun Veits Arbeiten darf man, soll man sogar anfassen, da man sie erst in ihrer Haptik ganz erfasst. Bei den „Frauen“ von Werner Humberg aus Kupfer ist dagegen erotisch einiges los - was auch den Titel „Pure Lust“ rechtfertigen könnte.

Und da Kunst immer auch „Spiegel der Gesellschaft“ ist, wie die Landtagsabgeordnete Sabine Kurtz in ihrer Rede ausführt, dürfen auch die drängenden Probleme unserer aufgewühlten Zeit nicht fehlen: Petra Gerhardt mit „Fugees/Schale der Hoffnung“, Helga Miethge mit „Zeitgeist - Migration (2017)“ und Roswitha Zimmerle-Walentin mit „Willkommenskultur“ beschäftigen sich mit der Ambivalenz zwischen Aufnehmen und Abschotten.

Zum Schluss noch ein besonderes Highlight: Helmut Hannig mit seinen Farbholzschnitten zu den „Sieben freien Künsten“. Der Rundgang durch die „Bilder einer Ausstellung“ ist beendet. Viel gibt es zu sehen, zu entdecken, zu betrachten, zu reflektieren – ein Tsunami an Farben, Formen und Themen.