Das Gericht spricht Bewährungsstrafen aus. Die Pakete wurden zum Teil auf falsche Namen bestellt.

Leonberg - Ein Flüchtlingspaar hat Kleidung im Wert von 1700 Euro bei einem bekannten Versandhändler bestellt. Die Waren wurden auf Rechnung ausgeliefert, doch auf das Geld wartet der Online-Shop noch bis heute. Jetzt wurden die beiden am Leonberger Amtsgericht wegen Betrug zu Bewährungsstrafen verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte zunächst eine gewerbsmäßige Masche gewittert.

 

Denn ursprünglich warf sie dem Pärchen Betrug in 27 Fällen vor. Die Trainingsanzüge, Sportschuhe, T-Shirts und Jogginghosen sollen die beiden zwischen Februar und April 2015 bestellt haben. Damals lebten sie mit ihren sieben Kindern in einer Flüchtlingsunterkunft in Malmsheim. Die Eheleute kamen 2014 nach Deutschland, weil sie als Angehörige der Roma-Minderheit in ihrer Heimat diskriminiert wurden, wie sie auf der Anklagebank erklärten. Derzeit werde über das Asylgesuch der mittlerweile in Herrenberg lebenden Familie entschieden.

Das Paar wollte aber lediglich sechs Pakete mit Waren im Wert von 1700 Euro geordert haben. Die übrigen in der Anklageschrift aufgeführten Bestellungen hatte ihnen zufolge ein Mitbewohner eigenständig getätigt. Er soll sie auch auf die Idee gebracht haben. „Wir hatten damals keine eigene E-Mail-Adresse, kein Handy und auch keinen Computer“, ließ der 41-Jährige über eine Dolmetscherin ausrichten. Daher habe der Mitbewohner die Waren für sie bestellt und ihnen erklärt, dass sie nicht sofort bezahlen müssten, sondern in Raten, wobei die erste in drei Monaten fällig sei. „Das waren alles nur Sachen für unsere Kinder“, versicherte die 50-Jährige Übersetzerin. „Sie sollten anständig aussehen, wenn sie in die Schule gehen.“

Ware auf falschen Namen bestellt

Die Amtsrichterin Sandra De Falco wunderte sich. „Aber Sie haben doch auch für den Empfang der anderen Pakete unterschrieben“, sagte sie. Der 41-Jährige erklärte darauf: „Es ist zwar mein Name, aber nicht meine Unterschrift.“ Ihm zufolge wurden ständig Pakete in die Malmsheimer Flüchtlingsunterkunft geliefert. „Das ging am Ende so weit, dass die Hausleitung den Bewohnern nicht mehr erlaubte, übers Internet zu bestellen“, erinnerte sich der angeklagte Mann.

Dass es bei Bestellungen aus der Unterkunft nicht mit rechten Dingen zuging,bestätigte die Polizeibeamtin, die sich der Sache nach der Anzeige beim Landeskriminalamt angenommen hatte. „Zuerst wurden die Waren auf echte, später auf fingierte Namen bestellt“, sagte sie. Deshalb sei die Zuordnung nicht einfach gewesen. „Auch gegen den Mitbewohner war ein Verfahren anhängig, doch er ist wieder ausgereist“, sagte die Beamtin. Dann erzählte sie von einem Fall aus einer anderen Unterkunft: „Wenn der Zusteller eintraf, gab es tumultartige Szenen, die Pakete wurden ihm aus den Händen gerissen.“ Der Anwalt monierte, dass es nicht zu einer Durchsuchung gekommen war.

Es war keine Gewerbsmäßigkeit

Am Ende konnten dem Paar nur die sechs eingeräumten Bestellungen nachgewiesen werden, weshalb das Gericht eine Gewerbsmäßigkeit ausschloss. „Der Rest wurde offenbar ohne Ihr Wissen bestellt“, sagte die Richterin und verurteilte die beiden zu Freiheitsstrafen von sechs Monaten, ausgesetzt zu Bewährung. Zudem gab es noch 50 Arbeitsstunden. Gleichzeitig monierte sie die Sicherheitsvorkehrungen des Händlers, der die Ware ohne weiteres an ein Flüchtlingsheim lieferte. „Auch dem muss Rechnung getragen werden“, sagte sie. Mit seinem Urteil war das Gericht dem Antrag der Verteidigung gefolgt.

Waren auf Rechnung zu bestellen, ohne zu bezahlen, ist wohl keine Seltenheit in Flüchtlingsheimen. Im Oktober 2015 wurde bekannt, dass der Online-Modehändler 960 Pakete im Wert von 120 000 Euro in eine zentrale Aufnahmestelle im saarländischen Lebach geliefert hatte. Ein Großteil der Ware wurde damals nicht bezahlt.